Über die Stadt Breslau

Breslau, gelegen am Schnittpunkt zweier mittelalterlicher Handelsstraßen, der Hohen Straße, die von Westeuropa bis ans Schwarze Meer reichte und der Bernsteinstraße, die von der Ostsee nach Venedig führte, entstand als eine Stadt, die von Anfang an ein Handelszentrum war und darüber hinaus eine Stadt, in der verschiedene Ideen und Kulturen miteinander verschmolzen sind. Im Jahre 1000 kürte man Breslau zum Bischofssitz und bereits ein Jahrhundert später wurde die Stadt zu einem der Hauptsitze der polnischen Machthaber, nämlich der Piasten. Mitte des 12. Jh. wurde Breslau dann die Hauptstadt des schlesischen Piastenherzogtums. Nach der Zerstörung durch die Mongolen 1241 erholte sich die Stadt recht schnell, um auf dem linken Oderufer bereits im Jahre 1261 erneut zu expandieren und das Magdeburger Stadtrecht verliehen zu bekommen. Die Blütezeit Breslaus fiel auf das 14. und 15. Jh.; die Stadt befand sich damals unter böhmischer Herrschaft und zählte 15000 Einwohner. Als solche gehörte sie seinerzeit zu den größten und reichsten Städten in diesem Teil Europas. Diese Blütezeit trug und trägt bis heute sichtbare Früchte in Gestalt herausragender gotischer Baudenkmäler, insbesondere Kirchen sowie des einmaligen Rathauses.

Diese bis heute erhaltenen Zeugen der Baukunst künden vom einstigen Aufschwung der Stadt und dem Elan der damaligen Stifter, Bauherren und Architekten; hier wird deutlich, dass Breslau in der Tat eine sehr wohlhabende Stadt war. Im 16. Jh. gelangt Breslau unter die Herrschaft des katholischen Habsburg; zur selben Zeit beginnt auch die Lehre Luthers sich auszubreiten. So kann diese in Breslau relativ schnell Fuß fassen, jedoch verläuft die allgemeine Ausbreitung der Reformation in Breslau und Schlesien im Vergleich mit anderen Regionen Europas ruhig und friedlich. Dank dieser Tatsache wird die Entwicklung der Stadt weder in intellektueller noch wirtschaftlicher Hinsicht durch die Reformation beeinträchtigt. Im Angesicht des herannahenden Türkensturms begann man damit, die mittelalterlichen Stadtbefestigungsanlagen auszubauen und zu verstärken. Breslau verwandelt sich in eine wahre Festungsstadt. Das Jahr 1618 markiert in Breslau, wie überall in Mitteleuropa, den Begin des 30 jährigen Krieges, der die Stadt in den wirtschaftlichen Ruin trieb und zu ihrer vollständigen Entvölkerung führte. Erst die Gegenreformation, die im 17. Jh. begann, trägt sozusagen zu einer Wiedergeburt Breslaus bei. Diese Epoche hinterließ uns ihrerseits zahlreiche prachtvolle und großartige Barockbauwerke; Kirchen, Klöster und Paläste.

In Breslau und seiner Umgebung entstanden zahl- und ruhmreiche Bildungsanstalten wie die Domkapitelschule im 12.Jh., das evangelische Gymnasium in Goldberg im 16.Jh. sowie die evangelische Schwenckfeldakademie in Liegnitz (1526 – 29); nun gründete man zu Beginn des 18.Jh. eine Jesuitenhochschule, gestiftet vom österreichischen Kaiser Leopold I. Sie legte den Grundstein für die spätere Universität, was Breslau zu einem größeren Bekanntheitsgrad verhalf, denn eine Universitätsgründung verhallte natürlich nicht ohne Echo. Ein neues Kapitel in der Stadtgeschichte wurde im Jahr 1741 aufgeschlagen, nachdem Preußenkönig Friedrich II. (genannt auch der Große) in Schlesien einmarschierte und einen Großteil der Provinz dem Königreich Preußen einverleibte. Nun hatten die Hohenzollern die Macht in der Stadt wie auch im überwiegenden Teil Schlesiens. Die folgenden Kriege waren die drei schlesischen Kriege (wobei es um die Zugehörigkeit Schlesiens entweder zu Preußen oder zu Österreich ging) sowie der napoleonische Krieg, in dessen Folge die zweijährige Besetzung der Stadt durch die Franzosen die Weiterentwicklung Breslaus sehr hemmte. Zu Beginn des 19. Jh., als man auf Befehl Napoleons die Stadtbefestigungsanlagen einebnete bzw. abbrach, vergrößerte sich die Stadtgemarkung erheblich, denn zu diesem Zeitpunkt wurden die fünf Vorstädte , vorher selbständige Gemeinden, zum integralen Bestandteil des gesamten Stadtorganismus. Zu dieser Zeit ist die Stadt eine der größten des preußischen Königreiches und wird zu einer seiner wichtigsten Städte nach Berlin und Königsberg.

Die neu eingemeindeten Gebiete, der Bau von Fabriken, der Anschluss an das Eisenbahnnetz sowie der allgemeine Ausbau der Infrastruktur samt Regulierung der Oder Mitte des19.Jh.- all’ das trug dazu bei, dass Breslau ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt wurde. Das 20. Jh. ist das Jahrhundert tief greifender Veränderungen und Umbrüche. Im Angesicht des unmittelbaren Kriegsendes
( 22.1.1945) wurde die Stadt zur Festung erklärt, was den Bau vielfältiger militärischer Befestigungsanlagen einschließlich eines Flugplatzes mit sich brachte. Nach monatelanger Belagerung Anfang 1945 und mehrfachem Bombardement wurde Breslau zu etwa 70% zerstört; dabei ging ein bedeutender Anteil des Lebenswerkes vieler Generationen von Humanisten, Architekten, Künstlern aus allen Sparten wie auch das Lebenswerk sämtlicher Töchter und Söhne dieser Stadt unwiederbringlich verloren. Seit Mai 1945 wurde der Wiederaufbau der Stadt beständig und ausdauernd voran getrieben; die heutigen Einwohner setzen die sowohl kulturell abwechslungsreiche Tradition als auch die Vielvölkertradition dieser Stadt fort. Das heutige Breslau ist ein Zentrum von Wissenschaft, Kultur, Handel und Industrie. In dieser Stadt kreuzen sich viele Handelswege, und der Gedanken- sowie Ideenaustausch der hiesigen Menschen bewirkt, dass Breslau so wie schon vor Jahrhunderten ein ganz außergewöhnlicher Ort auf der Landkarte Europas ist, ein Ort, mit dem Bekanntschaft zu machen sich lohnt.